Langzeitaufnahme vom PETRUS im Laborbetrieb

Satelliten-Antriebssystem PETRUS erstmals im All

14. Juli 2022

Vier Antriebe in einer Thunfischdose: Das Satelliten-Antriebssystem PETRUS, das Forscher des Instituts für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität Stuttgart entwickelt haben, ist zum ersten Mal im All. Der italienische Satellit GREENCUBE ist damit ausgestattet. Er soll ein Biologie-Experiment ausführen, bei dem PETRUS unterstützen kann.
[Bild: Universität Stuttgart, Institut für Raumfahrtsysteme]

Am 13. Juli 2022 um 14:13 Uhr, ist die Europäische Rakete VEGA-C (ESA) von Kourou, Französisch-Guyana, aus zu ihrem Jungfernflug gestartet. Mit an Bord war der italienische Satellit GreenCube, der mit dem Antriebssystem PETRUS (Pulsed Electric ThRuster of University of Stuttgart) des Instituts für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität Stuttgart ausgestattet ist.

Satellit GreenCube mit PETRUS-Antrieb
Der 30 Zentimeter lange Satellit GreenCube mit dem PETRUS-Antriebssystem. Es ist links im Bild zu sehen: eine Art Thunfischdose, welche die vier Antriebe enthält.

PETRUS ist ein verhältnismäßig einfacher, sehr robuster und kostengünstiger elektrischer Weltraumantrieb. Daher ist er besonders für die Lage- und Bahnregelung sowie den Orbittransfer für kleine Satelliten geeignet. Außerdem ist er flexibel, da man ihn für nahezu beliebige Satellitenplattformen anpassen kann. PETRUS wurde mit Unterstützung der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA über einen Zeitraum von fünf Jahren entwickelt – und dann begleitet von der italienischen Raumfahrtbehörde ASI speziell für die Mission mit dem Satelliten GreenCube angepasst.

GreenCube hat eine Länge von 30 cm und eine Grundfläche von 10 cm x 10 cm. In einer Art Thunfischdose mit einem Durchmesser von höchstens 10 cm steckt PETRUS – ein System von vier geclusterten Einzelantrieben. Die Verteilung auf vier Antriebe bietet zum einen Sicherheit für den Fall, dass einer davon ausfallen sollte. Zum anderen sorgt sie für einen höheren Schub, da man Treibstoff und somit Gewicht sparen kann und der Satellit somit schneller vorankommt, erklärt PD Dr. Georg Herdrich, der die Arbeitsgruppe „Plasmawindkanäle und Elektrische Raumfahrtantriebe“ am IRS leitet.

PETRUS soll GreenCube für das Experiment zum Rotieren bringen

Der Satellit GreenCube muss im All nicht angetrieben werden, da er sich auf der Bahn, in die er von der Rakete entlassen wurde, selbst bewegt. PETRUS kann jedoch das Biologie-Experiment der Universität La Sapienza in Rom an Bord des Satelliten unterstützen. „Für das Experiment, in dem Pflanzen gezüchtet und beobachtet werden sollen, ist eine gleichmäßige Temperaturverteilung im Satelliten notwendig“, sagt Herdrich. „Sollte die nicht gegeben sein, muss PETRUS dafür sorgen, dass GreenCube rotiert und sich somit durch die Bewegung im Sonnenlicht die Temperatur verteilt.“

Die zweite Aufgabe von PETRUS ist es, nach der Durchführung des Biologie-Experiments seine Fähigkeiten als generelles Antriebssystem für Weltraumanwendungen durch verschiedene Funktionstests im All unter Beweis zu stellen. Herdrich und sein Team erhoffen sich davon einen großen Erkenntnis­ge­winn, da die Betriebseigenschaften von PETRUS mittelbar mit einem Schwester­system am Boden verglichen werden sollen.

Das IRS-Team ist sich sicher, dass PETRUS die Anforderungen im All erfüllen wird. „Wir arbeiten bereits mit der Universität Würzburg zusammen und passen PETRUS für deren Satellit SONATE2 an“, verrät Herdrich. Dann gibt es für PETRUS hoffentlich einen zweiten Flug ins All.

Langzeitaufnahme vom PETRUS im Laborbetrieb
PETRUS mit seinen vier geclusterten Einzelantrieben im Laborbetrieb. In dieser Langzeitaufnahme sind deutlich die Plasmajets zu erkennen, die durch Teflon als Treibstoff gespeist werden.

Partner

Um PETRUS für seine erste Mission mit GreenCube anzupassen, arbeiteten die Stuttgarter Wissenschaftler mit Partnern zusammen:

  • Die Uni­ver­sität La Sapienza in Rom um Prof. Fabio Santoni war für die Satellitenentwicklung sowie Anpassungs- und Integrations­aktivi­täten hinsichtlich des Antriebs PETRUS zuständig.
  • Die schwedische Luleå University of Technology (LTU) um Prof. René Laufer erarbeitete Systemdesignaspekte und Teile des Schnittstellenengineerings.
  • Das Unternehmen ArianeGroup um Christoph Montag unterstützte im Rahmen der erforderlichen Umwelttests für den Antrieb PETRUS. Montag ist ehemaliger Mitarbeiter des IRS und hat die Entwicklung von PETRUS entscheidend geprägt.

Fachlicher Kontakt:

PD Dr. Georg Herdrich, Universität Stuttgart, Institut für Raumfahrtsysteme, Tel. 0711 685-62412, E-Mail

M. Sc. Felix Schäfer, Universität Stuttgart, Institut für Raumfahrtsysteme, Tel. 0711 685-62452, E-Mail

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